Was hinter der „neuen Gerechtigkeit“ von Schwarz-Blau tatsächlich steckt

(c) SIMON BOGOCZ / warda.at
(c) SIMON BOGOCZ / warda.at

Ich möchte anhand folgender Beispiele aufzeigen, wie viel fokussierte Inkompetenz und beängstigende Rückschrittlichkeit in der politischen Arbeit der neuen schwarz-blauen Bundesregierung steckt. Als Protagonisten kommen hauptsächlich ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz und FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache vor, von den anderen hört man noch relativ wenig. Was man aber schon ganz gut bemerkt ist, dass ihre Arbeit sich vorwiegend auf Täuschungsmanöver, Widersprüchlichkeiten und eine interne Zerrissenheit gründet, die so langsam ans Tageslicht gelangt. Denn das, was Schwarz-Blau unter „neue Gerechtigkeit“ versteht, sind in Wahrheit harte Sozialkürzungen, scharfe Asyl- und Sicherheitsgesetze, neoliberales Wirtschaftsverständnis, gepaart mit politischer Willkür, die die Spaltung der Gesellschaft vorantreibt.

 

„Familienbonus plus“ bekommt von mir ein fettes Minus

 

Der Familienbonus mit einer Steuergutschrift von 1.500 Euro pro Kind und Jahr ist vor allem ein Anliegen der ÖVP. Diese erklärt auch, dass der Bonus 700.000 Familien mit 1,2 Millionen Kindern zugute kommen wird. Doch für welche Familien gilt er nicht? Nämlich für jene, die unter 2.000 Euro brutto Einzeleinkommen verdienen. Das betrifft 60.000 Alleinerziehende, sprich jene, die den Familienbonus am nötigsten hätten. Sie gehen nach den Plänen von ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz einfach leer aus. Wer es mir nicht glauben will, kann das gerne hier nachlesen.  

 

Das versteht die neue Regierung also unter "cash-wirksam" entlasten. Der Bonus kommt also nur jenen Familien zugute, die eh schon viel verdienen. Hier von der „größten Familienentlastung in der Geschichte Österreichs“ (© FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache im Ministerrat vom 10.01.2017) zu sprechen und so zu tun, als ob vorwiegend „kleine Einkommen“ entlastet werden, ist daher wirklich zynisch. Schwarz-Blau stellt unter Beweis, wie retro ihre politischen Ansichten sind. Von „neuer Gerechtigkeit“ keine Spur.

 

Ende der Notstandshilfe, Beginn von Hartz IV?

 

Die schwarz-blaue Harmonie könnte bald zu Ende sein. Denn noch vor wenigen Tagen kündigte FPÖ-Sozialministerin Hartinger-Klein in der ZIB 2 an, dass es mit ihr auf jeden Fall kein Hartz IV in Österreich geben werde. Doch kurz darauf musste sie sich dem Diktat des ÖVP-Bundeskanzlers Sebastian Kurz kleinlaut beugen, denn laut Kurz soll es die Notstandshilfe nicht mehr geben. Da kann Vizekanzler Strache noch so sehr den bösen „Medien“ und den bösen „Sozialisten, die Jammerer vom Dienst“ (Ministerrat vom 10.01.2018) Tatsachenverdrehung vorwerfen, aus dieser Nummer kommen sie unbeschadet nicht mehr raus.

 

167.000 Menschen werden nämlich ihre Arbeitslosenversicherung verlieren, vorwiegend männliche Inländer, die älter als 50 sind. In der FPÖ rumorte es folglich. Kein Wunder, denn ein Großteil des FPÖ-Wählerklientels sind eben die Menschen, die man mit Sozialkürzungen am härtesten trifft. Die Betroffenen werden in die Mindestsicherung schlittern, deren Bezug mit viel strengeren Auflagen verbunden ist. Zum Beispiel, dass BezieherInnen nur ein Vermögen von 4200 Euro besitzen dürfen.

 

Statt jedoch Arbeitslose bei der Rückkehr auf den Arbeitsmarkt zu unterstützen, setzt Schwarz-Blau lieber die soziale Sicherheit aufs Spiel. Und zusätzlich wird budgetärer Druck auf die Bundesländer ausgeübt, denn sie sind für die Ausbezahlung der Mindestsicherung zuständig. 

 

Jobbonus und Aktion 20.000 abgeschafft

 

Es ist tatsächlich passiert, Schwarz-Blau hat die Aktion 20.000 abgeschafft. Und wer meint, die Aufregung sei politisches Kalkül, dem sei gesagt: Jenen Menschen, die durch diese Beschäftigungsmaßnahmen einen Job gefunden haben, ist es absolut wurscht, ob es ein rotes Prestigeprojekt der alten Bundesregierung unter Christian Kern war oder nicht. Die Auswirkungen dieser fatalen Fehlentscheidung sind unabwendbar.

 

Was macht die Regierung denn mit jenen langzeitarbeitslosen Menschen über 50, die durch diese Maßnahme ihres Jobs und damit ihrer Chance auf eine gesicherte Zukunft beraubt wurden? Es ist wirklich schlimm, wie Schwarz-Blau diese Menschen einfach im Stich lässt. Es ist ihnen einfach wurscht, dass mehr als 40.000 Menschen, die älter als 50 Jahre alt sind, langfristig keine Arbeit finden konnten, egal, wie gut die Wirtschaft läuft, egal wie viele es sein werden.

 

Selbiges gilt für den Beschäftigungsbonus. Dabei handelte es sich um eine Lohnnebenkosten-Förderung für neu eingestellte MitarbeiterInnen. Mit dessen Abschaffung verhindert Schwarz-Blau 64.000 neue Arbeitsplätze. Und das Fatale: Durch den Wegfall der Förderung wird der Druck am Arbeitsmarkt gegenüber günstigeren ArbeitnehmerInnen aus dem Ausland steigen. Der polnische Bauarbeiter ist noch immer billiger als ein niederösterreichischer Hackler. 

 

Damit ist klar: Unternehmen, Jobsuchende, ältere Arbeitslose können wie befürchtet nicht auf die schwarz-blaue Bundesregierung zählen. Sie betreiben eine Politik der sozialen Kälte und der Unverantwortlichkeit und haben offenbar keinen Tau von progressiver und sozial verträglicher Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik.

 

Berittene Polizei für Wien – seriously???

 

Mit diesem „evergreen“ hat Heinz-Christian Strache mal wieder den Vogel abgeschossen.  Mit der Einführung der berittenen Polizei sollen Demos, Fußballspiele und Großveranstaltungen in Wien sicherer werden. Mir hat dazu das Posting von Christian Kern gefallen: „Eine berittene Polizei für Wien? Ein sinnloses Ablenkungsmanöver der Regierung. Schwarz-Blau kommt durch die öffentliche Diskussion, was mit den ArbeitnehmerInnen und Bedürftigen in unserem Land passieren wird, unter Druck und erklärt dann, dass sie eine berittene Polizei einführen will. Ihr werdet sehen: Der Tag, an dem die Studiengebühren in Österreich wieder eingeführt werden, wird der Tag sein, an dem der Innenminister Kickl fordert, die Wasserpolizei auf der Donau soll mit aufblasbaren Seepferdchen ausgerüstet werden.“ (08.01.2018, 07:20 Uhr)

 

Die Forderung ist derart unsinnig, dass sie irgendwie schon wieder lustig ist.

 

Asylwerber in Kasernen unterbringen – wenn sogar Strache zurückrudert

 

Genauso unsinnig ist auch die Forderung von FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache, der im Interview mit "Wien Heute" gefordert hat, Asylwerber in Wiener Kasernen unterzubringen (04.01.2018). Vielleicht wollte er damit von der Idee seines Parteikollegen FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus ablenken, der jüngst damit aufhorchen ließ, Asylquartiere am Stadtrand zu errichten.

 

Doch Vizekanzler Strache ruderte nach der Regierungsklausur zurück, „Das ist kein Thema“. Seine Überlegung sei aus dem Zusammenhang gerissen bzw. überinterpretiert worden ist. Es werde hier „aus einer Maus ein Elefant produziert“, sagte er (05.01.2017). Abgesehen davon, dass es eigentlich "Mücke" heißen muss, sind natürlich die bösen Medien und die bösen Sozialisten schuld...Dabei hatte Strache selbst 2014 noch gemeint, dass sich Flüchtlinge in Kasernen nachteilig auf deren Verkauf und die Idee somit negativ auf das Heer auswirken würde, quasi als Reaktion auf den Vorschlag von ÖVP-Innenministerin Mikl-Leitner.

 

Doch egal, ob Thema oder nicht, diese „Ideen“ sind unterirdisch und eines Vizekanzlers nicht würdig. Das hat auch SPÖ-Sozialstadträtin Sandra Frauenberger gegenüber der APA auf den Punkt gebracht. Sie betonte auch, Asylwerber seien Menschen, nicht Gefangene. „Wir setzen auf Integration statt auf Internierung.“ (05.01.2017). Und sie nimmt auch FPÖ-Innenminister Kickl in die Pflicht: „Wenn jemand die Verfahren beschleunigen kann, dann der Innenminister". Außerdem komme die Unterbringung in privaten Quartieren dem Steuerzahler deutlich billiger, darauf wies der Fonds Soziales Wien hin. Denn diese Kosten belaufen sich auf 280 Euro pro Person und Monat. In organisierten Unterkünften koste ein Flüchtling hingegen 730 Euro pro Monat.

 

Also auch in diesem Fall, absolute Unkenntnis und reine Panikmache. Und wenn sich sogar ein Vizekanzler Strache von seinen eigenen Forderungen distanzieren muss, zeigt das nur einmal mehr, wie viel Wahnsinn in dieser Regierung herrscht.

 

Und was lernen wir daraus? Formiert den Widerstand!

 

Manche mögen mir vielleicht Schwarzmalerei vorwerfen, aber die Zukunft sieht tatsächlich düster aus. Denn der soziale Frieden wird in diesem Land massiv gefährdet (s. Einführung der Studiengebühren, Einführung des 12-Stunden-Arbeitstages, Angriff auf das Mietrecht,  Ausgangssperre für Asylwerber, Kürzungen der Familienbeihilfe etc.).

 

Was aber noch viel schlimmer ist: Die österreichischen WählerInnen wurden massiv ent- und getäuscht. Sie haben auf eine Veränderung nach der Wahl gehofft und prallen nun mit Zukunftsängsten auf dem Boden der politischen Realität auf. Türkis-Blau zeichnet sich durch eine rückwärtsgewandte Politik aus, deren Ausrichtung asozial, neoliberal, rassistisch und diskriminierend ist. Sie geht zu Lasten der ehrlich Arbeitenden, der sich in Ausbildung Befindenden und der sozial Schwachen, aber zur Freude der Reichen und der Großindustrie. Werden ihre politischen Forderungen zur Realität, werden 95 Prozent der ÖsterreicherInnen davon betroffen sein.

 

Dass die Menschen ihrem Unmut in den sozialen Netzwerken freien Lauf lassen, bemerkt man jetzt schon. Jedoch habe ich das Gefühl, dass man dort eh nichts anderes außer Hass erfährt. Aber spätestens bei der Verabschiedung der ersten Gesetze wird der Widerstand auch auf der Straße spürbar sein. Der Widerstand formiert sich nämlich. Am 18. Dezember ist bei der Angelobung der Bundesregierung bereits ein klares Zeichen gegen Schwarz-Blau sichtbar gewesen, als über 5.000 SchülerInnen und StudentInnen friedlich demonstriert haben. Am 13.01.2018 findet die nächste Großdemo gegen Schwarz-Blau statt, zu der ich euch ganz herzlich einladen möchte. Es ist wichtig, ein lautes Zeichen gegen die geplanten Ungerechtigkeiten zu setzen.  

 

Großdemo gegen Schwarz-Blau am Samstag, 13.01.2018

Treffpunkt 14:00 Westbahnhof, Christian-Broda-Platz

 

Also kommt mit, seien wir gemeinsam laut. Die Zeit des Zuschauens ist vorbei. Wir lassen uns unsere Zukunft nicht kaputt machen!